Stellen Sie sich vor, Sie wollen zu einem Hausarzt und es ist keiner mehr da\r Sie meinen ich übertreibe? Leider ist die Lage bitter ernst.\r \r 2015 betrug der Anteil der über 60jährigen Hausärzte in Baden-Württemberg 34,4 %. Da die jungen Ärztinnen und Ärzte den Hausärztlichen Beruf für wenig attraktiv halten, sollten im Jahre 2020 von 3 Hausärzten nur noch 2 erreichbar sein. Unter der Prämisse dass die Politik sich nicht bewegt, dürften im Jahre 2025 von heute 3 Hausärzten nur noch einer anzutreffen sein.\r \r Warum wollen die jungen Kolleginnen und Kollegen nicht mehr Hausarzt werden?\r \r Es gibt sicher viele Gründe, aber 2 wichtige Hauptgründe.\r \r 1. Zunehmende Verwaltungsarbeit (Schreibkram) raubt die Lust zur Arbeit.\r 2. Die Politiker haben – insbesondere die Hausärzte – zu einer Rückversicherung degradiert.\r \r Normalerweise sollte das Versicherungsrisiko von den Krankenkassen getragen werden. Aktuell wird jedoch das sogenannte Versicherungsrisiko durch die Pauschalierung des Honorars zu 100% von den Hausärzten getragen.\r \r Es kann daher nicht verwundern dass junge Ärztinnen und Ärzte, welche die Ausbildung zum Allgemeinarzt durchlaufen haben ins Ausland gehen (z.B. Schweiz, z.B. Großbritannien, z.B. Australien) wo die Politik Rahmenbedingungen geschaffen hat, welche das Arbeiten als Hausarzt angenehmer macht als in Deutschland.\r \r Da die komplette Ausbildung einer Hausärztin/eines Hausarztes im Schnitt 12 bis 13 Jahre beträgt, sollten jetzt und unverzüglich die Weichen gestellt werden.\r \r Zwei Hauptforderungen an die Politik.\r \r 1. Die einzigen beiden Formulare die ein Hausarzt ab sofort ausfüllen muss ist und bleibt das\r Rezept sowie die AU-Bescheinigung. Den Rest der Verwaltung sollten wie früher die\r Krankenkassen übernehmen.\r \r 2. Ab sofort sollten Hausärzten wieder Einzelleistung-Honorare zustehen. Geld folgt der Leistung. Wer viel leistet sollte wieder ein höheres Honorar erhalten wie jemand der nur halbtags arbeitet, oder altersbedingt seine Arbeitszeit einschränkt. Daraus folgt, wer viel arbeitet hat ein hohes Honorar, wer wenig arbeitet ein geringes Honorar.\r \r Doch man muss sich darüber im Klaren sein, dass beide Lösungen nicht zum Nulltarif zu haben sind.\r Die Rückverlagerung der Verwaltungsarbeit auf die Krankenkassen könnte man dadurch abfedern dass die Bürokratisierung auf ein notwendiges Minimum reduziert wird.\r \r Kritischer ist sicher die Wiedereinführung der Einzelleistungsvergütung. Hier muss man realistisch mit einer Steigerung des Beitragssatzes von 1-5% rechnen (siehe Alterspyramide 2030, 2040 und 2050)\r \r Ich denke hier sollte man eine Volksbefragung/Abstimmung nach Schweizer Vorbild durchführen.\r \r Die Bevölkerung sollte selber entscheiden können, ob sie primär einen stabilen Beitragssatz der Krankenkasse wünscht, oder ob sie einer medizinischen Versorgung nach heutigem Standard auch in Zukunft für wichtig hält. Wobei ein stabiler Beitragssatz zu einer Reduzierung der medizinischen Versorgung und vor allem zu einer deutlichen Zunahme der Wartezeit beim Hausarzt führen wird. Ein aufrechterhalten der medizinischen Versorgung nach jetzigem Standard wird jedoch zu einem Anstieg der Beitragssätze führen. Die Bevölkerung soll selber entscheiden wo sie die Priorität sieht.\r \r Dr. U. Lehnert\r Bezirksbeirat Feudenheim