Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) musste die Tage Etwas verschämt einräumen, dass sie in einer seit Jahren vielzitierten Studie über Infraschall „einen systematischen Fehler“ gemacht habe: Die veröffentlichten Schallwerte seien um „36 Dezibel zu hoch“ gewesen. Da die Skala logarithmisch ist – das heißt: 10 Dezibel mehr bedeuten eine Verzehnfachung – beläuft sich der Fehler auf einen Faktor von mehreren tausend. Solche kleinen Fehler passieren de Regierung und auch den Grünen häufiger. Entsprechend hoch war das Siegesgeheul der Windlobby und auch bei der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Was das für die Käfertaler Wald bedeutet, dürfte klar sein. Die Lobbyvertreter forderten als Konsequenz von der Bundesregierung, den Mindestabstand zwischen Windrädern und Wohnbebauung zu verringern. Eine Forderung, die auch das grüne Wahlprogramm schmückt und ganz neue Perspektiven eröffnet, im wahrsten Sinne Wortes. Zahlreiche Energiepolitiker, darunter die frühere Grünen-Chefin und Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie, Simone Peter, sahen in der Fehlberechnung einen Beleg für die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Windkraftanlagen.
Das Gegenteil ist der Fall, warnen Mediziner nun. Die beschriebenen Symptome sind nicht wegzudiskutieren, hier hat das Gutachten unbestritten nichts falsch angegeben. Wenn es sich lediglich bei der Druckhöhe verrechnet hat, bedeutet das das doch, dass Windkraft offenbar schon bei niedrigeren Schalldrucken gefährlicher als bisher angenommen ist. Diese Ansicht bestätigt auch Christian-Friedrich Vahl, langjähriger Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie an der Universität Mainz. „Nach der BGR-Korrektur werden die Beschwerden der Betroffenen nicht mehr im Bereich von größer 90 Dezibel geäußert, sondern bereits im Bereich zwischen 60 und 70 Dezibel.“
Weil Windkraftanlagen heute zudem sehr viel größer sind als im Untersuchungszeitraum 2004, sei es umso dringlicher, die gesundheitlichen Auswirkungen von Infraschall eingehend zu untersuchen, sagte Vahl. Die modernen, größeren Anlagen „emittieren einen erheblich höheren Schalldruck, außerdem verschiebt sich die Emission zu niedrigeren Frequenzen, die sehr wahrscheinlich ein höheres Gesundheitsrisiko bewirken“.
„Die Korrektur der BGR ändert nicht die grundsätzlichen Stresswirkungen von Infraschall, die auf verschiedenen Ebenen des Organismus gefunden wurden“, sagte Vahl. Der Mediziner nannte beispielhaft „Wirkungen bei Membranstrukturen und der zellulären Kommunikation, im Gleichgewichtssystem und bei Aktivierung distinkter Gehirnbereiche im Unterbewusstsein.
Ich verlange daher einen sofortigen Baustopp für alle Windräder bundesweit bis dieses Phänomen untersucht und abgeklärt ist. Umwelt und Klimaschutz darf nicht auf dem Rücken der Volksgesundheit ausgetragen werden.